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Lärmempfindlichkeit und Corona…

Von 11. Dezember 2021Keine Kommentare

Nein, Lärmempfindlichkeit ist kein Symptom einer Corona-Erkrankung. Lärmempfindlichkeit scheint ein Begleitsymptom der Corona-Maßnahmen zu sein, das mir immer häufiger von Klienten seit Beginn der Corona-Pandemie genannt wird.

Für mich hat dies zwei Gründe:

Zum einen gewöhnt sich unser Ohr sehr schnell daran, wenn es um uns herum ruhiger wird. Viel leisere Geräusche können dann schon zu einer Erregung des Hörsystems führen. Insbesondere im ersten Lockdown wurde unsere Umwelt unglaublich still, da der Verkehr extrem reduziert wurde. Ich erinnere mich, wie ich im Frühsommer 2020 verstört die Umgebung absuchte, woher der plötzliche Lärm kam. Es flog das erste Flugzeug seit Wochen über das Haus, und ich war fassungslos, wie laut nur ein einziges Flugzeug sein kann.

Der andere Grund, warum viele Menschen lärmempfindlicher geworden sind, liegt für mich am sehr hochgefahrenen Alarmsystem der Menschen in den letzten 21 Monaten.

Es gibt so viele verschiedene Ängste: Vor Erkrankung, vor Arbeits- und finanziellem Verlust, vor Verschärfung der Maßnahmen, vor Isolation, vor der Impfung…

Egal, welche Ängste man hat, die Angst macht uns Menschen wieder gleich:

Wir fühlen uns nicht mehr sicher oder sogar bedroht, es fehlt Vorhersehbarkeit und Gewissheit, unser autonomes Nervensystem reagiert mit Überregung des Sympathikus. Wir sind in Habacht, unsere Haut ist dünn, wir fühlen uns vielleicht sogar in uns selbst nicht mehr sicher, wir missverstehen vielleicht auch unsere Mitmenschen öfter als sonst.

Was passiert da mit uns?

Wenn wir uns in (scheinbarer) Gefahr befinden, versuchen wir mehr soziale Verbundenheit zu schaffen. Wir suchen nach Resonanz, greifen auf unsere Bindungserfahrungen zurück, verstärken unsere mimischen und gestischen Ausdrucksmöglichkeiten. Wenn das nicht hilft oder auf Grund von Isolation nicht möglich ist, verstärkt sich die Aktivierung des Sympathikus. Wir treten für unsere Integrität ein und reagieren mit Aufgeregtheit, Grenzsetzung bis Verteidigung. Wenn die Gefahr nicht zu bannen ist, entscheiden wir je nach Lebenserfahrung zwischen Flucht oder Kampf, alternativ auch Unterwürfigkeit. Unsere Gesichts- und Nackenmuskulatur spannen sich an, unsere Stimme wird hart oder schrill, und die Funktion des Mittelohres verändert sich:

Die Mittelohrmuskulatur stellt sich insbesondere auf hohe und schrille und auf tiefe, bedrohliche Alarmgeräusche ein, die Ohren sind in Alarmbereitschaft, wir werden plötzlich lärmempfindlich.

Dies ist ein Teufelskreis: Je mehr ich im Alarm bin, desto mehr nehme ich Dinge wahr, die mich in Alarm versetzen.

Die Tomatis-Therapie hilft, über eine intensive Beruhigung des autonomen Nervensystems wieder in Balance und ein Gefühl der Sicherheit zu kommen. Dafür reichen schon wenige Tage Hörtherapie aus. Begleitende Gespräche helfen, die Erfahrung zu integrieren und weitere Wege der Stressbewältigung zu finden.